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FLASCHE LEER

Die Idee stammte von Joachim Bessing, credits, und stand für eine unkonventionelle, themenübergreifende Kolumne über Wein in der Welt am Sonntag. Hier geht es nun weiter. Motto: Enthemmung mit einem Wimpernklimpern. Der letzte Schluck geht immer um die Wade. Wer besonders viel trinkt, trifft es manchmal sogar.

FLASCHE LEER - geleert in 2023

Bestellt eine nackte Dame karibischen Fruchtsalat für zwei Personen und trinkt dabei zwei Flaschen Blanc de Blancs, perfektioniert sie die Erbsünde

FLASCHE LEER - geleert in 2022

Juni 2022: Champagne David Coutelas,  Cuvée César Rosé, + gegrillter Wildschweinkeule 

Juni 2022: Champagne Thienot Vintage 2012 in  Frédéric Dupont's Le Crypto, Reims

Champagne Thiénot Vintage 2012 + Kalbsbries im Le Crypto, Reims

Mai 2022: Neun Flaschen Krug 

  • URSPRUNGS-FLASCHE LEER, WELT AM SONNTAG

    Diverse leere Flaschen stehen immer noch auf der Website der Welt. Etwa Champagner vom Meeresgrund, veröffentlicht am 15.08.2010 mit einer gefühlten Lesedauer von 3 Minuten.


    Diese Flasche war leer, endgültig, aber immerhin erst 15 Tage nachdem sie in der Ostsee von Christian Ekström gefunden wurde; den letzten Schluck, es waren nur wenige Milliliter, ergatterte Dominique Demarville, Kellermeister von Champagne Veuve Clicquot Ponsardin. Natürlich handelt es sich um jene Champagnerflasche, die seit einiger Zeit als älteste aller Zeiten schlagzeilt, aber, so Demarville: "Die Flasche stammt definitiv nicht aus dem 18. Jahrhundert, wie ursprünglich spekuliert wurde, sondern wohl eher aus dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Sie ähnelt der seinerzeit üblichen Maubeuge-Form. Es handelte sich um eine bauchige, fast ein Kilogramm schwere, mundgeblasene Flasche." Unglücklicherweise, so Demarville, stammt der kostbare Fund nicht aus den Clicquot-Kellern: Auf dem Korken sei zwar ein Anker zu sehen gewesen; bei diesem Symbol handelt es sich um ein Warenzeichen, das sich die umtriebige Madame Barbe-Nicole Clicquot (1777-1866) schon 1798 hatte gesetzlich schützen lassen. Neben dem Anker aber war der Name Juglar vermerkt; ein inzwischen nicht mehr existenter Händler aus Châlons, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts eng mit dem Champagnerhaus Jacquesson zusammenarbeitete. Der älteste in den letzten Jahren geöffnete Champagner war 2009 eine Flasche 1825er Perrier-Jouët. Ob die Ostsee-Bouteille noch älter oder doch jünger ist, lässt sich derzeit nicht sagen.

    Der Hype um alte Champagnerflaschen ist verständlich, einfach deshalb, weil diese Schätze sehr selten geborgen werden: Nachdem sie 84 Jahre auf dem Boden der Ostsee lag, wurde 1998 die "Jonköping" geborgen. Zutage traten 2000 trinkbare Flaschen Champagne Heidsieck-Monopole Goût Américain des Jahrgangs 1907; versteigert wurden einige davon bei Christie's für 2400 Pfund pro Stück. Diesmal freilich gibt es nichts zu versteigern, was niemand besser als der Finder weiß. Noch 70 weitere Juglars lagern nach Aussagen Christian Ekströms vor den Küsten Ålands, einer autonomen Provinz Finnlands. "Was mit den Flaschen passiert, das liegt im Entscheidungsbereich der regionalen Regierung", erklärt Ekström. Der Taucher betreibt in der Hochsaison das "Kobba café & sjömansbar", gleichzeitig gibt er Tauchkurse für Touristen. Schiffswracksuchen ist in Åland eine Art Volkssport, es existiert sogar ein Museum mit den Funden, und Ekström wird leicht pathetisch: "Das Wrack hat eine Geschichte, und man muss die Geschichte der Flaschen mit denen des Wracks zusammenbringen."

    Gefunden wurde die Flasche am 6. Juli in 50 Meter Tiefe. Anschließend öffnete der Taucher sie mit sieben Freunden; der Rest ging nach Frankreich. Ekström beschreibt den Geschmack als bestens konserviert, süßlich mit rauchigen Aromen und wenigen Kohlendioxidperlen. Ähnlich äußert sich Demarville; es handele sich um einen, wie seinerzeit üblich, süßen Champagner, vermutlich mit einem Zuckergehalt von 60 Gramm pro Liter. Die ungewöhnlichen Lagerbedingungen - geringe Meeresströmung, konstanter Druck und konstante Temperatur von fünf Grad Celsius bei völliger Dunkelheit - haben den Wein tadellos erhalten. Die Zeit stand, der Ostsee sei Dank, für diesen Champagner still. Hoffentlich wissen das auch diejenigen, die dabei sind, wenn die nächsten Juglars entkorkt werden.

  • RELIQUIEN ERSTER KLASSE AUS DER PRÄHISTORIE: DAS GREMIUM HAT DIE LETZTE FLASCHE LEER

    Sechs Jahre tagte das Gremium, die Verkostungsnotizen bleiben weiter auf dieser Seite erhalten.

  • DIE 12. GREMIUMSSITZUNG IM MÄRZ 2010: Moet & CHANDON UND ROEDERER UND DER EXZEPTIONELLE JAHRGANG 2003

    Das Gremium hat sich neu formiert und diesmal einer besonderen Herausforderung angenommen: Degustiert wurden die seltenen Weine des ungewöhnlichen Jahrgangs 2003.


    In 2003 war das Klima  in der Champagne sehr extrem: Es begann zum einem mit den schlimmsten Frösten, mit denen die Winzer seit 1957 konfrontiert wurden. Gleichzeitig kam es zur frühesten Blüte seit 1971 und am Ende stand der niedrigste Ertrag seit 1985. Der Winter des Jahres 2003 war, besonders kalt, mit vier Wochen Frost im Januar und Februar. Im März folgte unerwartet mildes Wetter und die Rebstöcke schlugen daher sehr früh aus. Am 7., 9., 10. und 11. April kam es wieder zu Frost, das Thermometer zeigte Minusgrade von 11 Celsius. Dabei wurden 13.000 Hektar Rebfläche in Mitleidenschaft gezogen, manche Lagen wurden gänzlich vernichtet, insbesondere in den Anbaugebieten der Côte de Blancs.


    Vergleichbare Schäden gab es seit über 50 Jahren nicht mehr. Und es ging weiter: Im Frühling und im Frühsommer entwickelte sich das Wetter nicht weniger ungünstig : zwischen Mai und Juli kam es zu acht Hagelschlägen, darunter einem orkanartigen Niede rschlag am 10. Juni, der Reben auf 650 Hektar vernichtete, die vom Frost verschont worden waren. An Winterkälte und Frühlingsschauer schloß sich ein ebenso extremer

    Sommer mit drei Monate währender Hitze an. Insbesondere im August wurden bis dato nie gekannte Spitzentemperaturen gemessen. Die Sonnenscheindauer überstieg die Ergebnisse des Rekordjahres 1959 um

    glatte 500 Stunden. Alles in allem war der Sommer 2003 der heißeste seit den Aufzeichnungen der Wetterstatistiken. Die Lese begann, mitten in der klassischen Urlaubsperiode der Winzer, am 18. August - so früh wie seit dem Jahr 1822 nicht mehr. Kein Wunder, daß sich die meisten Önologen daher auf ihren Brut ohne Jahr konzentrierten. Nur wenige Häuser und Winzer stellten einen Jahrgangschampagner her. Ausnahmen aber waren unter anderem Jean-Baptiste Lecaillon, Chef de Caves von Champagne Louis Roederer, sowie Benoît Gouez, Kellermeister bei Moët & Chandon.


    Die vier Champagner, die das Gremium wie immer blind verkostete, waren:


    CHAMPAGNE MOËT & CHANDON GRAND VINTAGE 2003

    CHAMPAGNE LOUIS ROEDERER BRUT MILLÉSIMÉ 2003

    CHAMPAGNE MOËT & CHANDON GRAND VINTAGE ROSÉ 2003

    CHAMPAGNE LOUIS ROEDERER BRUT MILLÉSIMÉ ROSÉ 2003


    In der ersten Runde wurden die beiden weißen Champagner degustiert.


    CHAMPAGNE MOËT & CHANDON GRAND VINTAGE 2003

    Eine zitronengelbe Farbe macht sich im Glas breit. In der Nase eine eher seltsame Überraschung: Der Wein läßt ein gewisses Alter erahnen. Hat man es hier mit einem Erlebnis zu tun, nach dem man sich sehnt? Freilich, dann eine weitere Überraschung, denn im Gaumen präsentiert sich dieser Wein völlig anders: Ein ausgewogner, aber auch frischer Champagner, der sehr buttrig daherkommt. Ein Experte denkt an einen weißen Burgunder. Ein sehr ausgewogener Champagner, etwas für Liebhaber. Wird er im Glas wärmer, treten animalische Noten in den Vordergrund. Der Grund dafür liegt in der Assemblage: 43 Prozent Pinot meunier, 29 Prozent Pinot noir und 28 Prozent Chardonnay. Dosage ist fünf Gramm pro Liter.


    CHAMPAGNE LOUIS ROEDERER BRUT MILLÉSIMÉ 2003

    Es ist eindeutig: Dieser Champagner hat mehr Säure als das erste. Kein Wunder, denn hier wurde bewußt auf die malolaktische Gärung verzichtet. Die Farbe geht ins leicht rötliche, was einen Tester zu dem gewagten Vergleich evoziert: „Diese Farbe erinnert mich sofort an die untergehende Frühsommersonne in den baltischen Staaten." Sehr schön und aufregend also. Die Nase ist diskret, im Gaumen dominiert die Frische und verhalten Zitrone, im Abgang kommt Vanille zu Vorschein. Ein Champagner, der trotz seiner Frische von einer kräftigen Struktur umhüllt ist.


    Fazit: Beide Weine sind sehr unterschiedlich, haben aber eine perfekt geringe Dosage. Sie sind im Prinzip auch nicht vergleichbar - zwei unterschiedliche Stilrichtungen präsentieren sich hier. Ein Tester gibt zu bedenken, daß der Moët & Chandon Grand Vintage 2003 vor einem halben Jahr nicht die schöne Buttrigkeit aufgewiesen habe. Er präsentiert sich heute runder als der Roederer. Wie dem auch sei, beide Champagner. sind nur etwas für den Kenner. Oder die Kennerin. Alle anderen sollten mit einfacheren Weinen beginnen.


    CHAMPAGNE MOËT & CHANDON GRAND VINTAGE ROSÉ 2003

    Roten und schwarze Früchte wie Erdbeere und Kirsche entfalten sich sehr schnell in der Nase, die auch im Gaumen präsent sind. Dies isei in reifer, intensiver und warmer Champagner, jubelt ein Tester. Alles ganz nach seinem Geschmack. Schon die dunkle Farbe verrät, daß wir es hier mit einem Eintopf eingemachter Früchte zu tun haben. Im Finale dominieren Kaffee- und angenehmen Lakritznoten. Auch diese Cuvée hat mit 30 Prozent einen hohen Meunier-Anteil, seine kräftige Farbe hat er dank eines Zusatzes von 19 Prozent Rotwein


    CHAMPAGNE LOUIS ROEDERER BRUT MILLÉSIMÉ ROSÉ 2003

    Frisch, aber doch kräftig - so präsentiert sich dieser außergewöhnliche Wein. 70 Prozent Pinot noir and 30 Prozent Chardonnay verbinden sich zu einer vinösen Attacke auf unsere Geschmacksnerven. Erdbeeren, aber auch etwas Zitrus und Toastnoten machen sich im Finale breit. Ein konzentrierter Wein mit langem Nachhall. Einem halb feuchten Schokoladenkuchen könnte er als Begleiter nicht standhalten, erklärt ein Tester etwas deplaziert. Aber alle sind sich einig: einem Sashimi vom Thunfisch schon.

  • DIE ELFTE GREMIUMSSITZUNG IM JULI 2009: WARUM NICHT EINMAL UNBEKANNTE WINZER: CHAMPAGNE ALEXANDRE, CHAMPAGNE MARIE COURTIN, CHAMPAGNE HERVY-QUENARDEL, CHAMPAGNE LAMBLOT, CHAMPAGNE PIOLLOT

    Über 300 Dörfer umfaßt die Appellation Champagne, einige berühmt, andere weniger. Courmas, Polisot, Janvry sind zweifellos Namen, die bei den wenigsten sogenannten arrivierten Champagne-Experten sinnliche Ehrfurcht erheischen. Es handelt sich bei diesen drei Crus um exakt das, was man als die rustikale Champagne bezeichnen könnte: Dörfer, in denen die typischen Champagne-Winzer leben und arbeiten, und von denen gibt ja bekanntlich über 15.000. Immerhin stellen fast 5000 von ihnen einen eigenen Champagner her, und dies garantiert eine Geschmacksvielfalt, die für jeden Weinliebhaber etwas bietet. Grund genug, daß sich das Gremium einmal genauer die Produkte dieser eher unbekannten Champagne ansah - und dabei wurde natürlich auch mit Verzenay ein Grand Cru in die Blind-Verkostung eingeschmuggelt.


    Die fünf Winzer-Champagner, die das Gremium im Juni 2009 verkostete, waren:

    CHAMPAGNE ALEXANDRE BRUT SELECTION

    CHAMPAGNE MARIE COURTIN BRUT

    CHAMPAGNE HERVY-QUENARDEL BRUT RÉSERVE

    CHAMPAGNE LAMBLOT BRUT TRADITION

    CHAMPAGNE PIOLLOT CUVÉE DE RÉSERVE


    CHAMPAGNE ALEXANDRE BRUT SELECTION

    Kräftige Apfelnoten dominieren diesen Champagner, der von einer Winzerfamilie hergestellt wird, die in Courmas, einem Dorf 14 Kilometer südwestlich von Reims entfernt liegt. Freilich verfügt die Familie Alexandre auch über einige Weingärten in anderen Crus. „Ein eher bäuerlicher Champagner", regt sich eine Stimme, und eine zweite fügt schnell hinzu: „Aber ein sehr ehrlicher!" Es folgt eine fünfminütige, ergebnislose Debatte über die Frage, was denn ein „ehrlicher Wein" sei, bis sich die Tester darauf einigen, daß dieser Champagner eindeutig vom Pinot meunier dominiert ist. In der Tat ist dieser Brut Selection zu 65 Prozent aus Meunier, zu zehn Prozent aus Pinot noir und zu 25 Prozent aus Chardonnay komponiert. Ein Tester fügt noch hinzu: „Diesen Champagner unbedingt gut gekühlt nach einem Halbmarathon servieren". Oder doch zu einem kräftigen Essen?


    CHAMPAGNE MARIE COURTIN BRUT

    Ein fruchtiger Champagner, dem man seinen hohen Pinot-noir-Anteil herausschmeckt. Aber ein besonderer Pinot: Beheimatet ist dieser Winzer in Polisot, einem Dorf in der südlichen Champagne, in der Region Aube, 40 Kilometer südöstlich von Troyes, fast schon an der Grenze zum Burgund. Was haben Polisot und Paris gemeinsam? Die Seine. Im Glas machen sich expressive Früchte, Apfel, Grapefruit und Orange breit, Biskuit, ein konzentrierter Wein für den Liebhaber. Dies ist ein Champagner, der bestens mit Curry harmoniert. Unser Vorschlag: Ein Curry-Bresse-Huhn auf geschmorten Ananasscheiben mit nordindischem Wildreis. Bemerkenswert: Ein Bio-Champagner, der nach den Kriterien des biologisch-dynamischen Weinanbaus hergestellt wurde.


    CHAMPAGNE HERVY-QUENARDEL BRUT RÉSERVE

    Ein kräftiger Bursche, zweifelsohne, aber mit einer leicht süßlichen Note. Woran es nur liegt? Die Tester sind sich uneinig: Vielleicht an der allgemeinen Tendenz, die Champagner höher zu dosieren - um dem allgemeinen Publikumsgeschmack Rechnung zu tragen. Die Tester sind etwas enttäuscht: Von einem Champagner aus Verzenay hätte man eine klarere Ansprache erwartet. Die Empfehlung: Zu einem Picknick mit Käse und Baguette.


    CHAMPAGNE LAMBLOT BRUT TRADITION

    Dieser Champagner entzweite die Tester wie kein zweiter in dieser Runde: Von feinperlig, elegant war einerseits die Rede, süß und schlabberig lautete ein anderer Kommentar. Wie auch immer, Winzer Lamblot arbeitet mit der örtlichen Kooperative von Janvry-Germigny-Rosnay (Cooperative de l'Auche) zusammen und ist in Janvry, 13 Kilometer westlich von Reims zu Hause. Dort befindet sich klassisches Schwarzriesling-Land, und dieser Brut Tradition ist zu 90 Prozent aus Pinot Meunier hergestellt.


    CHAMPAGNE PIOLLOT CUVÉE DE RÉSERVE

    Ein interessanter Vergleich zur Cuvée Marie Curtin - beide Champagner werden von der Familie Piollot aus Polisot hergestellt, Curtin nach Bio-Kriterien, dieser nach den Kriterien von Viticulture raisonnée. Diese Cuvée de Réserve von Piollot besteht überwiegend aus Chardonnay und Pinot noir und wurde von den Testern als schönes Beispiel eingestuft, daß die Winzer der Côte des Bar in den letzten Jahren einen kräftigen Sprung nach vorne getan haben. Sehr weinig, reife Noten von Biskuit und Apfel.


    Fazit: Diese Champagner sind gute Begleiter zu einem korrespondierenden Essen. Dabei können sie ihr kräftiges Potential auf der Zunge am besten ausspielen. Unsere Empfehlung geht zu CHAMPAGNE ALEXANDRE BRUT SELECTION sowie CHAMPAGNE MARIE COURTIN BRUT.


    Vertrieben werden sämtliche Champagner in Deutschland zu recht günstigen Konditionen durch 

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  • DIE ZEHNTE GREMIUMSSITZUNG IM AUGUST 2008: CHAMPAGNE DEUTZ AUS AY

    Ein kleines, aber sehr renommiertes Champagner-Haus - so wurde Champagne Deutz über die Jahrzehnte hinweg bei Kennern gehandelt. Ein wohlklingender Name, sicherlich, aber der lange Nachhall des Wohlklangs kann irgendwann einmal absterben. Auch Champagne-Häuser sind gefordert, permanent an der Qualität ihrer Cuvées zu feilen. Die schlichten Fragen, die sich das Gremium an diesem Septemberabend daher stellte, lauteten: „Sind die Champagne von Deutz trinkbar?" und „Ist ein Deutz-Stil erkennbar?


    Wie viele andere Maisons, so wurde Deutz im 19. Jahrhundert von Deutschen gegründet. Aus Aachen kam Pierre Gelderman nach Aÿ, um für Bollinger, 1829 von dem gebürtigen Württemberger Jacques Bollinger gegründet, als Verka ufsstratege die Umsätze auf dem deutschen Markt anzukurbeln. Wilhelm, auch William genannt, Deutz, auch in Aachen geboren, war in Aÿ, um für eine deutsche Sektfirma Grundweine aus der Champagne zu kaufen. 1838 gründeten Deutz und Geldermann das Champagner-Haus Deutz. Später heirateten beide zwei Champagner-Damen, einen von ihnen, die Frau von William Deutz, brachte als Mitgift einen Weinberg in die Ehe. In der zweiten Generation vermählten sich Alfred Geldermann und Marie Deutz. Die deutsch-französische Zusammenarbeit führte später auch zur Gründung der Sektfirma «Deutz & Geldermann» im badischen Breisach. Das Haus blieb im Besitz der Gründernachkommen, bis 1993 das Champagner-Haus Louis Roederer die Kontrolle an Deutz übernahm. 


    Wer jemals im Salon der Maison in Aÿ gesessen hat, umgeben von erlesenem Geschmack, zusammen mit dem Kellermeister, dem Mobiliar aus dem letzten Jahrhundert, umrahmt von impressionistischen Gemälden mit den Porträts der Firmengründer, dem wird das bürgerliche Selbstbewußtsein aufgefallen sein, mit dem man sich hier in der Welt des Weins eingerichtet hat. Die Welt des Weins als geistiges Dasein: Deutz ist Tradition, die zur Reflektion verpflichtet. So hieß es früher einmal. 

    Und heute?


    Das Gremium degustierte fünf Deutz-Champagne - wie immer blind:


    CHAMPAGNE DEUTZ BLANC DE BLANCS 1998

    CHAMPAGNE DEUTZ BRUT CLASSIC

    CHAMPAGNE DEUTZ BRUT 1998

    CHAMPAGNE DEUTZ CUVEE WILLIAM DEUTZ 1996

    CHAMPAGNE DEUTZ AMOUR DE DEUTZ 1998


    1. CHAMPAGNE DEUTZ BLANC DE BLANCS 1998 

    „Ahh, Zitrus", bemerkt ein Tester und nimmt gleich einen weiteren Schluck dieses Weines. Was für eine Überraschung, was für ein Einstand. Eine klare schöne Zitrusfrucht ist in der Tat sofort am Gaumen erkennbar, verbunden mit Struktur und harmonischer Komplexität. Zitrus bei einem Champagner, so die einhellige Aussage, sei eine eindeutige Ansage. Ein am Gaumen frischer Chardonnay-Champagner, dessen Alter sich dezent in der Nase bemerkbar macht. Fazit: Dieser Blanc de Blancs ist sehr animierend zu trinken.


    2. CHAMPAGNE DEUTZ BRUT CLASSIC

    Der Brut Standard dieses Hauses, also jene Cuvée, mit der 90 Prozent des Umsatzes gemacht wird, evoziert eine Diskussion. Während ein Tester eine Süße ausmacht, die einem Champagner nicht ansteht, preist ein anderer diesen Wein ob seiner Ausgewogenheit und seiner Mandel-Aromen. Die Diskussion beschäftigt uns sehr, sehr lange. Womit haben wir es hier zu tun? Zu hohe Dosage, Süßte, zu viel Pinot Meunier? Braucht man das? Ein Kompromiß ist nur schwer in Sichtweite.


    3. CHAMPAGNE DEUTZ BRUT 1998

    Eine reife Gediegenheit erobert die Augen und die Nase. An der Farbe erkennt man, daß dieser Wein seit der Vinifikation seiner Trauben schon einige Zeit erlebt hat. Dann die angenehme Überraschung: Die frische Säure transportiert mineralische Noten. Die 30 Prozent Chardonnay in der Cuvée schimmern durch. Es fällt die Bemerkung, daß während der zweiten Gärung die oxidativen Noten im Wein zurückweichen und die Aromen sich wieder neu präsentieren. Diese Cuvée illustriert die Stärke der zweiten Gärung. Dazu entwickelt der Wein im Glas dank seines 60prozentigen Pinot-Noir-Anteis Kraft und Toastaromen. Diesen Champagner genießt ein jeder gerne. Seine mineralische Stofflichkeit hallt außergewöhnlich lange nach. Es kommt die Diskussionen auf, wie die Länge im Abgang in den Wein gelangt. Spontan steht keine plausible Antwort zur Verfügung. Es wird beschlossen, dieses Thema demnächst fröhlich-wissenschaftlich anzugehen. Mit welchem Wein: Deutz Brut 1998.


    4. CHAMPAGNE DEUTZ CUVÉE WILLIAM DEUTZ 1996

    Eine kraftvolle Nase von Stachelbeeraromen bereitet einen gewaltigen Angriff auf unseren Gaumen vor. Dieser Champagner sei ein Brett, kommentiert ein Tester. Brett, dies sei angemerkt, ist der etwas rustikale Gremiums-Ausdruck für einen voluminösen Champagner, von dem selbst wir - jeder für sich genommen - eine Flasche nicht alleine schaffen würden. Dieser William, eine Reminiszenz an den Firmengründer, muß unbedingt zu einem großen Essen serviert werden. Im Gegensatz zum Brut 1998 vermissen wir freilich die Länge. Ein muskulöser Oberkörper, der dann relativ rasch verschwindet.


    5. CHAMPAGNE DEUTZ AMOUR DE DEUTZ 1998 

    Wiederum ein Blanc de Blancs, aber was für ein Vertreter seiner Zunft: „Dieser Champagner haut uns um", lautet das einhellige Sentiment auf diesen Amour. Kristallklare Farbe mit weißgoldenen Reflexen, dezente und frische Aromen von Zitrus und Mandeln in der Nase, geschmeidige Geschmackserlebnisse am Gaumen. Dieser Champagner ist ein großer Wein. Er verleiht Flügel. Er macht euphorisch. Filigrane Säure verbindet sich mit großer Länge. Diese relativ junge Cuvée, die erstmalig mit dem Jahrgang 1993 auf den Markt kam, hat die Klasse, zu den großen Champagnern aufzusteigen. Warten wir ruhig noch einmal zehn Jahre", gibt ein Tester zu bedenken. Niemand weiß, was in zehn Jahren ist. Auch dieser Wein wird sich verändern: Er wird herzhaft, vielleicht mit etwas Schmelz daherkommend. Amour de Deutz 1998, dies ist ein sehr ernstzunehmender Wein. Dazu wünscht man sich als Mann eine geheimnisvolle Frau, die auf der Harfe spielt. Diese Kombination wäre perfekt.


    Fazit:

    Das Gremium zeigt sich beeindruckt. Das Glück liegt manchmal im Glas. Nicht verborgen, sondern offen in den Perlen. Vor allem der Brut 1998 sowie die Cuvée Amour de Deutz 1998 erweisen sich als sophisticated und gleichzeitig trinkfreudig. So, wie es der Kenner will. Einerseits dominieren die Frische und der Esprit des Chardonnay in den Cuvées, andererseits sind Struktur und Komplexität des Pinot deutlich spürbar. Geschmacklich liegen die Champagne daher sehr Nahe beieinander. Das Gremium beschloß, für diese Cuvées eine neue Kategorie der Weinbeschreibung einzuführen: Champagne Deutz, das ist „Charme und Brett" zugleich.

  • NEUNTE GREMIUMSITZUNG: UND WEITER MIT DER DAMENWAHL - ROSES VON BILLECART-SALMON, BLIGNY, FLEURY, LAURENT-PERRIER, MAILLY

    Immer beliebter werden die Rosé-Champagner (siehe dazu auch die Einführung zur 8. Gremiumstagung), Grund genug für das Gremium, sich dieses Genres noch einmal anzunehmen. Wie immer im Rahmen einer Blinddegustation.


    CHAMPAGNE BILLECART-SALMON BRUT ROSÉ

    CHAMPAGNE CHATEAU DE BLIGNY BRUT ROSÉ

    CHAMPAGNE ROBERT FLEURY BRUT ROSÉ

    CHAMPAGNE LAURENT PERRIER BRUT ROSÉ

    CHAMPAGNE MAILLY GRAND CRU BRUT ROSÉ 

    1. CHAMPAGNE MAILLY GRAND CRU BRUT ROSE

    Alle Trauben für diesen Wein stammen ausschließlich aus dem Dorf Mailly in den Reimser Bergen, einer der wenigen Gand Crus in der Champagne. Der Erzeuger ist eine Genossenschaft, die sich daher mit dem Namen Grand Cru schmücken darf. Eine besondere Ehre. Bei Liebhabern sind die weißen Champagne dank ihrer kraftvollen, aber frischen Pinot-Weinigkeit sehr beliebt. Dieser Mazerations-Rosé beweist Stärke aber gleichzeitig auch eine immense Frische. „Dieser Chamapgner verträgt selbst nach dem Degorgieren noch eine Zeit der Lagerung", lautete die Erkenntnis der Tester.


    2. CHAMPAGNE ROBERT FLEURY BRUT ROSE

    Vor 40 Jahren in dem kleinen Dorf Couteron in unmittelbarer Nähe des Burgund gegründet, führt der dynamische Jean-Pierre Fleury die Arbeit seines Vaters fort: seit 1989 sogar nur nach biologisch-dynamischen Kriterien. Ein Demeter-Champagner also, hergestellt aus Trauben der südlichen Champagne. In dieser Region regiert der Pinot Noir und diese Cuvée präsentiert sich demzufolge in einem kräftigen Rot. An der ungestümen Frische im Glas bemerkt der Kenner das Fehlen einer malolaktischen Gärung. Säure ja, aber eingebunden. Dieser Champagner könnte ein Aufsteiger werden.


    3. CHAMPAGNE CHATEAU DE BLIGNY BRUT ROSE

    Ein Château in der Champagne, welche Seltenheit, und dann sogar noch im Departement Aube. In dieser südlicheren Region regiert der Pinot Noir und dies Cuvée präsentiert sich demzufolge in einem kräftigen Rot. 70 Prozent Pinot, 15 Prozent Chardonnay und 15 Prozent Rotwein ergeben einen nach Waldbeeren duftenden Champagner. Wie viele Champagner aus dem Departement Aube, so zeichnet sich auch dieser durch herzhafte Fruchtigkeit aus. Bei einigen der Tester beliebt, bei anderen nicht. Ein Tester bezeichnet diesen Rosé als plump, für einen anderen ist es an diesem Abend der Favorit. Die Geschmacksnerven entzweien sich.  


    4. CHAMPAGNE BILLECART-SALMON BRUT ROSÉ

    Diese 1818 gegründete Firma ist unter Kennern dank ihrer feinen Champagner schon immer beliebt gewesen. Besonders der Rosé gilt als eines der Aushängeschilder dieser Maison. Völlig zu Recht, wie unser Gremium attestierte. Nach intensiver Diskussion aller an diesem Abend verkosteten Weine lautete das Urteil von drei Testern: „Dies ist der Gewinner. Dies ist der Rosé-Champagner, der uns heute am meisten imponiert hat. Und den wir am liebsten trinken würden." Eine Überraschung? 40 Prozent Chardonnay sowie ein gleich Anteil von Pinot Noir und Meunier vermählt mit einem hauch Rotwein (7 Prozent) evozieren eine frischen eleganten Rosé, der ein perfekter Aperitif ist. Frisch und zart.


    5. CHAMPAGNE LAURENT PERRIER BRUT ROSE 

    Die Kunst des Trinkens ist die perfekte Schule der Geduld: Auch dieser Rosé ist unter Kennern berühmt, überzeugte aber einige Tester nicht sofort. Ein ätherischer Duft verwirrte. Die Fülle im Gaumen überraschte. „Dieser Champagner entwickelt sich sehr schön im Glas", lautete ein versöhnliches Urteil, nachdem der Wein etwas wärmer wurde. Dieser Rosé der Maison aus Tours-sur-Marne ist auch durch Mazeration entstanden. Er ist am Gaumen sehr kräftig, und so entbrannte eine Diskussion darüber, was man als Champagner-Freund von einem Rosé erwartet: Feinheit, Zartheit oder eine satte Nachhaltigkeit? Dieser Champagner verträgt eine Rehkeule.

  • DAS GREMIUM TESTET DIE DAMENWAHL: ROSES (mit Pirat) - ALFRED GRATIEN, JACQUART, LANSON, POMMERY, RUINART, SEKTGUT BARTH

    Rosé-Champanger: Man trinkt in mit Zurückhaltung, in kleinen Schlucken, Gaumen und Geschmacksnerven angespannt. Am liebsten schaut man dabei ins Glas, um zu beobachten, wie die kleinen Bläschen zur Oberfläche vorstoßen und dann sprühnebelartig aufzuplatzen. Wer dabei genau hinsieht, kann für Millisekunden ein blaugrünes Schillern in dem Rosé-Ton des Weines beobachten. Dann verändert sich der Farbton wieder, vielleicht in ein dezentes Blaßgolden. Rosé-Champagner, das ist Farbe, Romantik, Eleganz und Leidenschaft. Der perfekte Aperitif, aber auch ein idealer Begleiter für ein Rendezvous oder gar ein schönes, auffallendes Geschenk. Und vielleicht gerade deshalb ein Trend beim deutschen Wein-Liebhaber.


    Rosé-Champagner boomt seit mehreren Jahren. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Tatsächlich schmeckt Rosé so gut, daß einige Champagner-Häuser in Reims und Epernay inzwischen Probleme haben, die steigende Nachfrage zu befriedigen. Ein Brut ohne Jahrgang muß für die zweite Gärung auf der Flasche mindestens 15 Monate im Keller lagern, aber bei qualitätsorientierten Herstellern sind es im allgemeinen drei Jahre. Zum einen greifen immer mehr Konsumenten zu einem jugendlichen, sehr frischen Rosé, andererseits gibt es die Liebhaber der gereiften, alten Jahrgangschampagner mit viel Körper.


    Das Besondere am Rosé ist seine vielschichtige Attacke auf unsere Sensualität: Da sind nicht nur die Farben von weichem Rosa über lachsfarben bis hin zu einem dichten, kräftigen Rot, die unsere Phantasie anregen; da sind betörende Geschmackseindrücke, die von Kirsche, Himbeere, Erdbeere, schwarze Johannisbeere bis hin zu Vanille, Weilchen und Nelke reichen. Gerne vergleichen die Kellermeister der Champagne ihre Arbeit mit der eines Malers: Je mehr Farben dieser habe, desto besser für sein Gemälde. So auch beim Rosé-Champagner.


    Die Champagne ist das einzige französische Weinanbaugebiet, in dem ein Rosé durch Verschneiden von Weiß- und Rotwein hergestellt werden darf: Einer Assemblage aus weißen Grundweinen kann bis zu 20 Prozent Rotwein hinzugefügt werden. Da sich mit dieser Technik am besten der gewünschte Rosé-Farbton erzielen läßt, arbeiten die meisten Kellermeister nach dieser Methode. Die zweite Möglichkeit besteht in einer kurzen Mazeration: Fruchtfleisch und Haut der Pinot-Noir- oder Pinot-Meunier-Trauben verbleiben in Kontakt mit dem Most, dies führt innerhalb von 48 Stunden zur Extraktion der Farbsubstanzen. Zusätzlich ist eine dritte Praxis möglich: Ein Kellermeister kann diese beiden Spielarten kombinieren, also eine Assemblage aus weißen Grundweinen plus Rotwein mit einem Rosé aus der Mazeration vermählen.


    Natürlich evoziert der Genuß eines Rosé die Frage nach der Weiblichkeit. Im allgemeinen gilt Champagner als Unisex-Getränk, Rosé aber verkörpert Damenwahl. Und er verkörpert auch den gesellschaftlichen Trend einer feminineren Umwelt, in der Frauen offener als früher ihre Wünsche äußern und entsprechend kaufen und konsumieren. Keine Frage, früher wurde Rosé von den männlichen Weintrinkern belächelt, heute läßt das die selbstbewußte Frau nicht mehr gefallen. Siehe dazu auch den Artikel von Christian Göldenboog im Sommelier-Magazin:

    http://www.champagne.de/champagne/professionnals-press.php?idTypeDoc=135


    Das Gremium degustierte fünf Rosé-Champagne brut ohne Jahrgang sowie einen Piraten - wie immer blind.


    CHAMPAGNE ALFRED GRATIEN CUVEE PARADIS

    CHAMPAGNE JACQUART BRUT MOSAÏQUE ROSE

    CHAMPAGNE LANSON ROSÉ LABEL

    CHAMPAGNE POMMERY ROSE SPRINGTIME 

    CHAMPAGNE RUINART BRUT ROSE 

    DER PIRAT: BARTH SPÄTBURGUNDER WEIßHERBST


    1. CHAMPAGNE POMMERY ROSÉ SPRINGTIME 

    Dezente Farbe, im Geruch diskrete rote Aromen. Dieser Wein ist fruchtig, frisch und seine Säure perfekt in die Fruchtkomponenten eingebunden. Wir schmecken Erdbeeren und, der Kenner weiß es zu schätzen, auch Sauerkirschen. „Ein Champagner, wie ich ihn erwarte", kommentierte ein Tester. Damit war gemeint: Die Erwartungshaltung sehr hoch gesetzt, dieser Wein erfüllt uns rundweg. Mehr noch: Dieser Pommery Rosé setzt mit Frische und Eleganz den Standard.


    2. DER PIRAT: BARTH SPÄTBURGUNDER WEIßHERBST 

    Sehr zurückhaltende Frucht, am Gaumen reif. „Ein Wein, der sich gesetzt hat", kommentiert ein Tester. Allerdings: Die Farbe wirkt eigenartig. In das Rosé mischen sich gelbliche und bräunliche Töne. Wir vermuten einen Piraten.


    3. RUINART BRUT ROSÉ 

    Eine kräftige rote Farbe und saftige rote Früchte in der Nase führen zu einer einhelligen Meinung: „Dies ist der Champagner, der als Rosé am einfachsten zu identifizieren ist." Das abschließende Urteil ist gespalten. Die volle Frucht führt bei einem Tester zu dem Kommentar: „Hier fehlt mir die Eleganz." Ein anderer lobt diesen Früchtekorb als idealen Nachmittagswein.


    4. LANSON ROSÉ LABEL

    Dieser Wein präsentiert sich farblich diskret, mit einer klaren Säure in der Nase und im Gaumen. Frische Erdbeeraromen. Erstaunlich, wie weich er trotz seiner Säure daherkommt. Dies muss der Wein  einem längeren Reifeprozeß im Keller verdanken - so zumindest  die einmütige Einschätzung der Tester. 



    5. CHAMPAGNE JACQUART BRUT MOSAÏQUE ROSE

    Ein Früchteeintopf, wie man ihn mit dem farblich vollen Rosé-Ton assoziiert. Ein Wein zu einem Erdbeerkuchen. Dieser Champagner wirkt auf zwei Tester allerdings zu parfümiert.


    6. CHAMPAGNE ALFRED GRATIEN CUVÉE PARADIS

    Schon die Farbe - ein eleganter Kupferton mit einem Schimmer Orange - weckt die Neugierde. Aromen von grünem Zitrus, Hagebutte und Minze, niemand denkt hier an einen Rosé. Sehr präsente Säure, die immens wird, je länger der Wein im Glas ist. „Was sagt uns die hohe Säure? Dieser Champagner hat keine malolaktische Gärung hinter sich", schlußfolgert ein Tester glasklar. An der Säure scheiden sich die Geister: Eine Fraktion empfindet sie als unangenehm, die anderen mögen sie. „Dieser Champagner muß nach einem Halbmarathon getrunken werden. Zwei Schlucke, und man läuft gleich weiter." Ein anderer Tester empfiehlt diesen komplexen, würzigen und nervigen Wein wegen seiner gleichzeitigen Frische als Abschluß eines langen Abendessens.  


    Abschließende Bewertung:


    Zwei Themen beherrschen die abschließende Diskussion und das weitere Leeren der Flaschen: 

    1. Was ist nur mit Pommery los?

    2. Wie schwierig wäre es tatsächlich, einen solchen Champagner in einem schwarzen Glas als Rosé zu identifizieren.


    Zu 1.

    Was ist nur mit Pommery los? Dies ist nun der dritte Champagne von Pommery gewesen, der vom Gremium getestet wurde - und jedesmal standen die Cuvées von Kellermeister Thierry Gasco auf den Spitzenplätzen. Dies war vor allem beim Blanc de Blancs Summertime der Fall- ein Champagner, der wie der Sommer schmeckt - und auch am Blanc de Noirs Wintertime erfreute sich das Gremium. Und jetzt dieser Rosé!  Pommery Springtime ist von allen Testern als der eleganteste und gleichzeitig frischeste Rosé eingestuft worden. Und dies, obwohl das Haus bei vielen Weinjournalisten immer noch nicht die Achtung erhält, die ihm zusteht. Wie sagte doch einst der altdeutsche Philosoph: „The proof of the pudding is in the eating."


    Zu 2.

    Würde man einen Rosé im schwarzen Glas degustieren, erlebte so mancher sein blaues Wunder: Sowohl Gratien als auch Lanson sind wegen ihrer Säure und diskreten Frucht - beide Häuser verzichten auf den Milchsäureabbau - unabhängig ihrer Farbe schwer als Rosés zu identifizieren. Bemerkenswerterweise favorisieren die Tester die diskreten Rosé-Noten: Sowohl Ruinart als auch Jacquart suggerierten mit ihren kräftigen Farbtönen eine Erwartungshaltung, bei der man sich fragt, ob sie bewußt von den Champagner-Firmen eingesetzt wird. „Diese saftigen Fruchtfarben müssen gekonnt eingesetzt werden - vielleicht zu einer noblen Gartenparty", lautete ein Kommentar. „Wenn ich diesen Ruinart Rosé im Glas habe - es ist zwar kaum noch etwas drin -, ist mir schon die Kraft der Farbe zuviel für einen Rosé", kommentierte ein anderer Tester eloquent unser aller Dilemma und genoss seinen den letzten Schluck.

  • DIE SIEBTE GREMIUMS-SITZUNG: DIE GRAND-CRU-KOLLETKION VON NICOLAS FEUILLATTE

    In der Champagne ist das Terroir, wie in jeder anderen wichtigen Weinregion, entscheidend für die Individualität des Weines: das nördliche Klima, der Boden, unter anderem die berühmten Kreideböden und natürlich die Menschen, die Kellermeister und Winzer. Bemerkenswerterweise ist der Champagner der Handelshäuser im Allgemeinen kein Terroir-Wein. Die Kellermeister verschneiden ja ihre Grundweine zu einer harmonischen Komposition, so daß zu guter Letzt die Unterschiede der verschiedenen Lagen nicht mehr bemerkbar sind. Die Flagge des Terroirs in der Champagne halten vor allem die Winzer hoch, und jetzt präsentiert NICOLAS FEUILLATTE, eine in Chouilly ansässige Genossenschaft, eine Liebhaber-Kollektion: Jahrgangschampagner aus den berühmten Grand-Cru-Lagen Ay, Verzy, Ambonnay, Cramant, Chouilly und Mesnil-sur-Oger. Diese Kollektion soll stets in besonders guten Jahren auf den Markt kommen, sie wird in Deutschland auch nicht in allen Ausgaben erhältlich sein - zur Zeit sind es Ay und Cramant. Natürlich wollte das Gremium wissen, wie es um diese Neuerung des bekannten Kellermeisters Jean Pierre Vincent bestellt ist. Wir testeten, wie immer blind, fünf unterschiedliche Lagenchampagner des Jahres 1996. Diese gelten wegen der hohen Säure im Wein als besonders lagerungsfähige Weine.


    Das reizvolle war natürlich, daß die Verkoster einmal die Traubensorte herausschmecken konnten - oder auch nicht -, vielleicht aber auch den Namen des Crus. Und dann war da noch die Frage nach dem Jahrgang. Alles in allem kam es zu einer lebhaften Diskussion, und die Tester waren sich - wie so oft - nicht immer einig. Warum auch?


    GRAND CRU VERZY BRUT BLANC DE NOIRS 1996

    Die Farbe vermittelt rote Töne, sehr volle Frucht, Aprikose, Quitte, Äpfel, eine leichte Überreife wurde festgestellt. Hier handelte es sich eindeutig um einen weißen Champagner aus roten Trauben.


    GRAND CRU CRAMANT BRUT BLANC DE BLANCS 1996

    Dieser Champagner präsentiert sich verschlossen, mit einer diskreten Nase, grüner Zitrus am Gaumen, sehr klar und stark, mit einer straffen Säure, im Abgang kandierte Früchte. Dieser Champagner vermittelt einen sehr guten Eindruck. Zwei Tester jubeln.


    GRAND CRU AY BRUT BLANC DE NOIRS 1996

    Eine kräftige Nase, im Gaumen eine ausgeprägte Säure. Dieser Wein präsentiert sich als  kräftiger Bursche. Seine Aromen von Butter und Toast sollen die Tester noch in die  Verzweiflung treiben.


    GRAND CRU CHOUILLY BRUT BLANC DE BLANCS 1996

    Ein tiefes Gelb funkelt im Glas, schon an Rot erinnernd, ein voller Eindruck in der Nase, kräftig am Gaumen, aber auch schon sehr entwickelt, die Säure bleibt trotzdem präsent. Womit haben wir es hier zu tun?  


    GRAND CRU AMBONNAY BRUT BLANC DE NOIRS 1996

    Präsente Säure in der Nase, schöne Noten von Birne, Marzipan und roten Früchten im Gaumen, frisch und elegant. Ein Verkoster stellt Jasmin im Gaumen fest und kommentiert: „Dieser Wein überführt jede Lady."


    DIE BEWERTUNG:

    Das Gremium ist sich einig: Die Champagne aus Cramant und Ambonnay sind in dieser Kollektion die hochwertigsten. „Dieser Wein ist sehr subtil", lautet das Urteil über Cramant, Ambonnay sticht dank eines subtilen, eigenwilligen Charakters hervor. Diesen beiden Champagnern gilt unsere Empfehlung. Glücklich darf derjenige sein, der diesen Jahrgang noch vor sich hat.


    Erstaunlich ist bei allen fünf Champagne-Weine deren präsente Säure, wobei es eindeutige Unterschiede in der Entfaltung gibt: Chouilly ist sehr stark entwickelt, da bräuchte man, so ein Kommentar, schon fünf Mitstreiter, um eine solche Flasche an einem Nachmittag zu trinken.


    Drei Blanc de Noirs und zwei Blanc de Blancs - aber welche Zuordnung? Je länger degustiert wird, desto konfuser werden die Ansichten (das alte Problem - häufig zahlt es sich aus, bei der  ersten Beurteilung zu bleiben). Was ist das Kriterium für die Rebsorte? Die Farbe sicherlich, aber Choully präsentiert sich visuell wie ein Wein aus Pinot, im Gaumen eher nicht. Und täuscht uns die Nase? Manchmal, denn die Mehrheit der Tester kategorisierte den Ay-Wein  als Blanc de Blancs ein. Auch ein längeres Warten im Glas führt zu neuen Diskussionen: Während der Alterungston bei Chouilly bleibt, wird Ay zu einem Wein, den man gerne mag. 


    Am Ende heißt es nur: „Wir geben nicht auf". Blinddegustationen von Jahrgangschampagner sind eine Welt für sich. Erstaunen ruft auch der Jahrgang hervor: 1996. Für fast zehn Jahre alte Champagner präsentiert sich diese Kollektion - außer Chouilly - sehr frisch. Unser Kompliment an den Kellermeister Jean Pierre Vincent. Am Ende dieser bemerkenswerten Degustation taucht die Frage auf: „Sind diese Champagner auch in Magnum-Flaschen erhältlich?"

  • DAS GREMIUM VERKOSTET AUTHENTIS VON DUVAL-LEROY

    Hervé Jestin heißt der sympathische Kellermeister des 1859 gegründeten Champagne-Hauses Duval-Leroy in Vertus, das am Ende der Côte des Blancs liegt: Verantwortlich für insgesamt über sechs Millionen Flaschen jährlich, hat sich Jestin den Sinn für das Individuelle bewahrt. Er ist ein Individualist des Weines, ein Mann auf der Suche nach dem Wesen hinter den Ideen. Seit 1982 arbeitet er bei Duval-Leroy und hat sich seit dem, wie er sich selbst charakterisiert, „sehr verändert". Gärung sei für ihn nicht nur eine chemische Operation, und so schreckt er auch nicht davor zurück, seine Gärtanks experimentell mit Musik zu beschallen. Auch hat er unter dem Keller des Hauses Magnete installieren lassen, um das Optimale aus seinen Weinen herauszuholen.  Und so hat das Gremium auch nicht lange gezögert, als ein Anruf von Jestin mit der Frage kam: „Wäre meine neueste Kreation - Authentis - nicht einmal eine Verkostung bei Euch wert?


    Natürlich, das Gremium hat so seine Vorlieben - Terroir-Chamapgne gehören dazu. Hinter Authentis verkörpert sich eine Reihe von drei Mono-Cru-Champagner, die jeweils nur aus einer Rebsorte hergestellt wurden. Dabei unter anderem mit Petit Meslier eine Rarität.


    Als Aperitif gab es - sozusagen als Einstimmung auf die Arbeit der Tester - einen BRUT FLEUR DE CHAMPAGNE des Hauses: Ein Champagner, der sich immer wieder das Wohlwollen des Gremiums erheischt: Ein kräftiger Wein aus 80 Prozent roter Trauben, aber diese Kraft ist perfekt mit der Säure ausbalanciert. „Überhaupt Balance", charakterisierte ein Tester diesen Wein: Angenehme Bittertöne, die an Mandelaromen erinnern, leichte Erdbeernoten, ein Champagner, bei dem man etwas im Mund hat, der aber trotzdem weich und harmonisch ist. Perfekt zu einem Aperitif oder auch zum Essen. Harsche Kritik hagelte es für das Etikett: „Ähnelt einem Keuschheitsgürtel", war hier noch die positivste Einschätzung.


    Anschließend wurden die drei Authentis-Weine degustiert - wie immer blind:


    AUTENTHIS DUVAL-LEROY CUMIÈRES 2000

    AUTENTHIS DUVAL-LEROY TRÉPAIL 1998

    AUTENTHIS DUVAL-LEROY PETIT MESLIER 1998


    AUTENTHIS DUVAL-LEROY CUMIÈRES 2000

    Strohgoldene Farbe, komplexer Duft, frische, aber elegante Kraft von Vanille und Trockenfrüchte. Nervig und strukturiert. Nachdem erklärt wurde, daß an diesem Abend drei unterschiedliche Rebsorten degustiert werden, ging die Spekulation los. Ein Tester glaubte fest daran, einen Chardonnay im Glas zu haben. Tatsächlich aber handelte es sich um einen delikaten, säurebetonten Pinot Noir.     


    AUTENTHIS DUVAL-LEROY TRÉPAIL 1998


    Weiße Früchte, Trockenfrüchte, Brioche, in der Nase wie im Mund. « Ahh, ein Chardonnay-Champagner », sagt ein Tester und natürlich hat er recht. Aber was für ein Chardonnay: Sein intensiver Geschmack, seine goldene Farbe lassen auf einen ungewöhnlichen Herkunftsort schließen: Tatsächlich liegt Trepail in einer Region - den Reimser Bergen - in denen üblicherweise nur rote Trauben angebaut werden. Ein Champagner, den alle Liebhaber von Blanc de Blancs kennen sollten.


    AUTENTHIS DUVAL-LEROY PETIT MESLIER 1998


    Komplexer Geruchseindruck, ein Geschmack von Butter und Karamell. „Ich rieche und schmecke Leber", lautet ein Kommentar. Aber auch Frische, gepaart mit einer knackigen Säure findet sich im Gaumen wieder. Die dunkelgoldene Farbe des Weines läßt auf rote Trauben schließen, aber sicher ist an diesem Abend nichts. Mehr als nur Erstaunen, als das Geheimnis dieser Rebsorte gelüftet wurde: „Petit Meslier, noch nie gehört", sagt ein Tester. Tatsächlich handelt es sich hier um eine alte weiße Rebsorte, die in der Champagne nur noch auf 20 Hektar angebaut wird; ein bißchen davon im Departement Aube, vor allem aber im Marnetal. Vor dort stammen auch die Trauben für diesen Wein, konkret aus Venteuil. Die Robustheit der Traube erinnert allerdings tatsächlich an Pinot Meunier. Wie alle Weine der Authentis-Serie, so ist auch dieser Meslier im Holzfaß vinifiziert worden - mindestens neun Monate, Spontangärung. Alle Weine haben eine malolaktische Gärung durchgemacht.

  • DIE FÜNFTE VERKOSTUNG (mit Pirat): BLANC DE BLANCS FÜR DEN FR‹HLING - BILLECART-SALMON, FRANCK BONVILLE, DRAPPIER, MENGER KRUG

    Kürzlich von jemandem einen Artikel zugeschickt bekommen, mit der Bitte, ihn zu lesen. Eher widerwillig, denn Senilität hat einen Namen, den des Autors: Siebeck - siehe auch dazu die exakte Analyse einer Nobelpreisträgerin und Autorin eines Kochbuches. Ich persönlich an ihrem Text vor allem die Frage: "Der Brief ist lang geworden, lesen Sie eigentlich noch?" Wie auch immer, Wolfram Siebeck versucht sich wieder einmal an Champagner und schlußfolgert zusammen mit seiner illustren Jury in Die Zeit Nr. 53 vom 22. Dezember 2004, „lieber eine gute Flasche Wein zu trinken". Nun, das Gremium ist für derartige Hinweise stets dankbar, öffnen wir doch nach unseren anstrengenden Sitzungen auch gerne schon einmal eine Flasche Grüner Veltliner Maximum 2002 vom Weingut Hiedler aus dem Österreichischen Kamptal, trotzdem, auf Champagner lassen wir so schnell nichts kommen. Vergessen wir daher Siebecks Profi- Hinweis „Nicht so prickelnd" und versuchen tatsächlich einmal in einer Probe, Champagner von Sekt zu unterscheiden, wie immer in einer Champagne-Kategorie verbleibend - diesmal, zum Frühlingsanfang drei Blanc de Blancs sowie einen Piraten: Ein Chardonnay-Sekt aus Deutschland.


    Das Gremium bestehend aus Peter Niepagenkemper, Oliver Donnecker, Hartmut Schröter und Christian Göldenboog degustierte - wie immer blind - folgende vier Weine:


    BILLECART-SALMON BLANC DE BLANCS

    FRANCK BONVILLE BLANC DE BLANCS BRUT SÉLECTION

    DRAPPIER BLANC DE BLANCS

    MENGER KRUG CHARDONNAY SEKT BRUT

    1. MENGER KRUG CHARDONNAY SEKT BRUT

    2. FRANCK BONVILLE BLANC DE BLANCS BRUT SÉLECTION

    Erstaunen ruft der Sekt aus den deutschen Chardonnay-Reben bei den Verkostern hervor: Ein kräftiges Goldgelb im Glas, dazu exotische und würzige Aromen im Mund, ein kräftiger Touch Papaya,  - dieser Sekt - die Trauben stammen alle aus den Weinbergen der Sektkellerei Menger-Krug in Gau-Odernheim, überrascht durch seine gehaltvolle Frucht und Ausgewogenheit. Allerdings: „Ich spüre Anklänge an Chenin Blancs", sagt ein Verkoster, eine Bemerkung, die sofort ein „In der Champagne wird diese Rebsorte nicht angebaut" evoziert.


    Es folgt der Blanc des Blancs Champagner auf den Sekt, und siehe da, große Überraschung: Der Champagner ist frisch, aber auch buttrig, elegant, er versprüht exakt jene Zitrusaromen im Gaumen, die der Sekt in Nase hinterläßt. „Der erste Wein verliert gegen diesen an Biß", lautet ein Kommentar, und die übrigen Tester sind der Meinung, dass dieser Bonville den Gaumen öffnet - exakt das, was man von einem Blanc de Blancs erwartet -, zugleich aber mit einem sehr angenehmen, eleganten Körper aufwartet.Herz, was willst du mehr?


    3. BILLECART-SALMON BLANC DE BLANCS

    4. DRAPPIER BLANC DE BLANCS

    „Mit diesem Champagner kann ein Sommelier sehr gut arbeiten", lautete ein spontaner Kommentar zu dem Wein des kleinen, aber feinen sympathischen Hauses Billecart-Salmon. Tatsächlich: Kräftige Farbe, reife Aromen, Komplexität, ein Wein, der Temperatur benötigt, der im Glas etwas warm werden muß, um seinen wahren Charakter zu enthüllen: „Ein reifer Chardonnay-Champagner, ideal zu einem Zander."


    Dagegen präsentierte sich der Blanc de Blancs von Drappier aus Urville, einem Cru in der südlichen Champagne, als Limettenduft, der im Gaumen seine volle Frische und Säure verbunden mit weißen Früchten ausspielt. Immer wieder wurden zwischendurch die beiden ersten Weine getestet, zum Abschluß stand fest, daß die letzten drei Weine sich in ihrer Qualität sehr ähnlich seien - „Man beschäftigt sich gerne mit ihnen", während der deutsche Sekt von allen als etwas empfunden wurde, was in eine andere Kategorie hineingehört. Unklar war natürlich, um was für eine Kategorie es sich hier wirklich handelte, vor allem dank seiner weinigen Noten - umso größer die Überraschung, als das Geheimnis des Piraten gelüftet wurde. Trotzdem ein Lob für diesen Chardonnay-Sekt und unsere Empfehlung: Menger-Krug Chardonnay paßt hervorragend zu Spargel. 


     Der Winzer sei der Sieger, bemerkte zu guter Letzt ein Gremiumsmitglied, nach dem alle Flaschen zu einem Tafelspitz mir delikatem Wirsinggemüse geleert wurden. Kein großer Widerspruch. Franck Bonville steht auf dem Etikett, das Gut in Avize wird heute von Gilles Bonville geführt, es besitzt insgesamt 15 ha Rebfläche. Bonville, ein Name also, den man sich unbedingt merken sollte. Eine Auszeichnung aber auch für den Blanc de Blancs von Billecart-Salmon: Ein sehr weiniger Champagner-Typ, ein Champagner zum Essen.

  • DAS GREMIUM TAGT IM JANUAR 2005: BLANC DE BLANCS- HOLZ GEGEN STAHL - A. R. LENOBLE, DE MERIC, POMMERY, DE SAINT GALL

    „Kluge Liebespärchen trinken nie Chamapgner", behauptete Gustave Flaubert in seinem, und dieses Motto gilt natürlich vor allem für den Blanc de Blancs, einem Champagner nur aus weißen Trauben, der besonders gut als Aperitif paßt. In der Champagne bringt weiße Traube Chardonnay raffinierte und besonders subtile Aromen hervor. Grund genug einmal für das Gremium, zwei im Holzfass ausgebaute Champagner mit zwei im Stahltank vergorenen zu vergleichen. 


     Das Gremium bestehend aus Peter Niepagenkemper, Oliver Donnecker, Hartmut Schröter und Christian Göldenboog degustierten - wie immer blind - folgende vier Weine:


    DE SAINT GALL BLANC DE BLANCS PREMIER CRU

    DE MERIC BLANC DE BLANCS SOUS BOIS GRAND CRU

    POMMERY BLANC DE BLANCS SUMMERTIME

    A. R. LENOBLE GRAND CRU BLANC DE BLANCS

     


    1.DE SAINT GALL BLANC DE BLANCS  PREMIER CRU

    2. DE MERIC BLANC DE BLANCS SOUS BOIS GRANC CRU


    Der Zufall hat es gewollt: Schon bei der ersten Serie stehen sich Stahltank und Holz im Glas gegenüber. De Saint Gall ist die Marke der Union Champagne, einer großen Genossenschaft in Avize, die vor allem über Grand-Cru und Premier-Cru-Lagen verfügt, insgesamt 1200 ha. De Meric ist ein kleines Haus in Ay, das zum Ausbau seiner Weine Eichenfässer verwendet. Dieser Blanc de Blancs stammt nur aus Grand-Cru-Trauben (Avize, Cramant, Oger) und ist eine Neuheit des Hauses, die einen ehemaligen Premier-Cru-Champagner ersetzt.


    Zwei völlig unterschiedliche Typen sind hier offensichtlich im Glas: Während De Saint Gall mit einem satten Gelb brilliert, kommt De Meric deutlich blasser daher, eine erste Annäherung verrät bei De Saint Gall eine weinige Nase sowie Zitronen und weiße Früchte im Gaumen, während De Meric mit einer eher stechenden Nase und mit weißen Früchten im Gaumen aufwartet.


     Entscheiden aber: De Saint Gall präsentiert sich vornehm ruhig („Ein guter Start"), weich, für einen Tester schmelzig, dagegen ist De Meric unangenehm unruhig und nervös.


    „Ich schmecke Holz", lautet ein Kommentar und dieser ist nicht unbedingt positiv zu verstehen. „Dieser Wein erscheint mir noch zu jung", vermeldet ein Tester, und so ist es wohl auch.


    3. POMMERY BLANC DE BLANCS SUMMERTIME

    4. A. R. LENOBLE GRAND CRU BLANC DE BLANCS


    Und wieder Tank gegen Faß: Pommery Summertime ist ein Wein aus insgesamt zehn Chardonnay-Lagen, im Tank vergoren, Reifezeit im Keller mindestens drei Jahre, A. R. Lenoble, der sympathische Familienbetrieb in Damery, der von der dynamischen Anne Mallasagne zusammen mit ihrem Bruder Antoine geführt wird, produziert einen Blanc de Blancs aus den berühmten Chouilly-Trauben, die in kleinen Eichenfässern vinifiziert werden. Ein Aha-Ton geht durch den Raum, als der Pommery sich im Glas entwickelt: Weißdorn, Mandelaromen, mit Limonen und Zitrus, ein abgerundeter, ausbalancierter Wein; bei Lenoble dominieren die weißen Früchte, er ist schlanker als der Pommery, mit etwas mehr Biß, seine starke Säure ist aber nicht hundertprozentig mit der Frucht verbunden.


     Es werden wieder die ersten beiden Weine degustiert: Nochmals Diskussion über den Schmelzton von De Saint Gall, der einen Tester sehr irritiert, nochmals Erstaunen über die Unruhe von De Meric, die Feststellung, daß Pommery und De Saint Gall abgerundete, stimmige, ausbalancierte Weine sind.


    Fazit: Pommery Summertime ist der eindeutige Gewinner, so möchte man einen Blanc de Blancs im Glas perlen sehen: frisch, fruchtig, elegant, durchkomponiert.


    Der Vergleich Holzfaß gegen Stahltank hat eindeutige Sieger, und dies ist wirklich erstaunlich. „Die Holzgeschichte hat es in diesem Fall nicht gebracht", sagt ein Tester, und alle anderen stimmen zu.

  • DIE DRITTE DEGUSTATION: BRUT OHNE JAHRGANG - AYALA, BEAUMET, JACQUESSON, BRUNO PAILLARD

    Vier Weinfreunde sich zusammengetan, um die ganze Vielfalt der Champagne-Weine zu entdecken. Das Gremium, das sich natürlich wieder zum Frühlingsbeginn zu einer weiteren Degustation traf: Wieder einmal stand der Brut ohne Jahrgang im Kreuzfeuer der geschmacklichen Sensorik, und wieder einmal gab es, wie nicht anders zu erwarten, eine lebhafte Diskussion. Und so empfehlen wir jeden Wein-Liebhaber, diese Degustation einmal zu Hause nachzuspielen. Ein paar Freunde und einige Flaschen sind alles, was man dazu benötigt.


    Das Gremium bestehend aus Peter Niepagenkemper, Oliver Dannecker, Hartmut Schröter und Christian Göldenboog degustierte - wie immer blind - folgende vier Champagne-Weine:


    CUVÉE BRUT CHAMPAGNE AYALA

    CUVÉE BRUT CHAMPAGNE BEAUMET

    CUVÉE no 728 CHAMPAGNE JACQUESSON

    BRUT PREMIÈRE CUVÉE CHAMPAGNE BRUNO PAILLARD

    1. CUVÉE BRUT CHAMPAGNE BEAUMET

    2. CUVÉE BRUT CHAMPAGNE AYALA


    Beaumet ist ein 1878 in Epernay gegründetes Haus, Jahresproduktion zwei Millionen Flaschen, das kürzlich von der Gruppe Laurent-Perrier übernommen wurde. Der Brut kommt in einem erstaunlich sattem Gelb daher: „Schwierig, diese kräftige Farbe mit einem jahrgangslosen Champagner zu assoziieren", ruft spontan ein Tester aus. In der Nase eher verschlossen, weist sich dieser kräftige Bursche als ein strenger Champagne-Wein aus: Hier gibt es wenig zu lachen, komplizierte Mandel- und Bittertöne dominieren im Gaumen, eine rustikale Säure verstärkt den hermetischen Abgang. Wir sind erstaunt und riechen am zweiten Wein: Champagne Ayala mit Wohnsitz im imposanten Château de Mareuil in dem für seine roten Trauben berühmten Winzerstädtchen Ay produziert jährlich knapp 600.000 Flaschen. Und tatsächlich: Schon seine rötlich-transparente Farbe lässt auf einen weiteren kräftigen Wein schließen: Der toastigen Nase folgt ein starker, fast schwerer Wein mit der Fruchtigkeit roter Waldbeeren. „Bei beiden Weinen darf man getrost die Dominanz der Chardonnay-Traube ausschließen", analysiert ein Gremiumsmitglied völlig richtig, während ein anderes hinzufügt: „Das Auftauchen der Perlen bei diesen beiden Weinen pro Quadratzentimeter pro Zeiteinheit lässt die statistische  Wahrscheinlichkeit der Begegnung mit zwei seltenen Vögeln potenzhaft in die Höhe schnellen."


    „Dies ist eine recht intellektuelle Verkostung", ist die allgemeine Einschätzung, die auch für die  beiden folgenden Weine zutreffen soll. Man braucht Zeit, um sich an diese Weine zu gewöhnen.


    3. CUVÉE no 728 CHAMPAGNE JACQUESSON

    4. BRUT PREMIÈRE CUVÉE CHAMPAGNE BRUNO PAILLARD


    Jacquesson, das kleine Haus aus Dizy bei Epernay, ist bei Weinfreunden auch wegen der sympathischen Firmeninhaber Laurent und Jean-Hervé Chiquet bekannt. Hier wurde erstmals die neue Cuvée degustiert: Eigentlich kaum zu glauben, aber die Farbe dieses Weines war noch kräftiger als die seiner beiden Vorgänger. Tiefes Gelb, Rottöne, sehr farbintensiv. Diese Einschätzung verlängerte sich in Nase und Gaumen: Herzliche Röstaromen, Bittertöne, ein wuchtiger Wein im Gaumen mit der Dominanz der roten Trauben. „Kaum vorstellbar, dass dies ein Brut ohne Jahrgang sein soll", kommentiert ein Tester. Die anderen denken sofort an einen Jahrgangschampagner. Tatsächlich steckt hinter diesem Wein eine außergewöhnliche Konzeption: Ab sofort strebt Jacquesson nicht mehr einen einheitlichen, geschmacklich über die Jahre identischen Brut ohne Jahrgang an, sondern es wird jeweils eine optimale Cuvée für jedes Jahr anvisiert. Mit anderen Worten: Jedes Jahr macht der Kellermeister eine unterschiedliche Assemblage aus dem ihm zur Verfügung stehenden Weinen. Komponiert wurde die Cuvée 728 zu 80 Prozent aus Weinen der Ernten 1999 und 2000. Heraus kam ein Champagne-Wein,  mit dem man die Glockentürme der Protestanten zum Schweigen bringen könnte. Allerdings steckt hinter diesem kräftigen Dizy-Burschen eine erklärungsbedürftige Konzeption, und ein Gremiumsmitglied bemerkte, dass es letztlich schwer vorstellbar sei, ob der deutsche Importeur von Jacquesson diese seinem erstaunten Publikum überhaupt erklären könne.


    Nach drei kräftigen Champagne-Weinen, in denen jeweils die Dominanz roter Trauben eindeutig war, hatte es unser vierter Begleiter aus dem Hause Bruno Paillard sehr schwer: In der Farbe ein kräftiges Blassgelb, entpuppte sich dieser Champagner als sehr trinkfreudig. Alle Tester erfreuten sich an seiner schäumenden Eröffnung, die in einer schönen und  klaren Ausgewogenheit mündete. Eine bemerkenswert harmonische Cuvée aus den drei Rebsorten der Champagne. „Diesen Champagner hätten wir zuerst degustieren müssen", sagte ein Gremiumsmitglied leicht verzweifelt. Aber dies ist Schicksal aller Tester bei Blinddegustationen. Beim Wärmerwerden im Glas verriet dieser Champagner eine schöne Länge mit einem charmanten Finale aus weißen Blüten und buttrigen Röstnoten. „Dieser Wein muß unbedingt noch mal unabhängig degustiert werden", erklärte ein Gremiumsmitglied. Dieser Meinung schlossen sich alle anschließen.


     Fazit: Eine komplizierte Veranstaltung ging mit einem Gericht nach einem Geheimrezept zu Ende, zu dem natürlich die ersten drei Champagner, vor allem aber der Jacquesson passte. Auffallend positiv die sehr geringe Dosage aller degustierten Weine.  

  • DIE ZWEITE VERKOSTUNG JANUAR 2004: BLANC DE NOIRS - DE VENOGE, DUVAL LEROY, MAILLY GRAND CRU, POMMERY

    Wer einen Champagner trinkt, muss wissen, zu welcher Gelegenheit. Und wir vom CHAMPAGNE-GREMIUM sagen: Im Herbst und Winter, dann, wenn draußen die Temperaturen sich um den Gefrierpunkt einpendeln und man es sich drinnen gemütlich macht, dann ist es Zeit für einen kräftigen Champagner -  Zeit also für einen Blanc de Noirs. Außerdem ist ein Blanc de Noirs der ideale Begleiter für jene Speisen, die man im Winter so gerne selber ißt: Schweinebraten, ein kräftiges Steak in Rotweinsauce oder gar eine kroß gebratene Gans.


    Was ist ein Blanc de Noirs?

    Eine Besonderheit. Im Allgemeinen ist der Champagner-Wein eine Cuvée, eine Assemblage aus verschiedenen Rebsorten, Lagen und Jahrgängen. Unverzichtbar für diese Cuvée ist die weiße Chardonnay-Rebe, bringt sie doch Eleganz und Frische in den Wein. Ein Blanc de Noirs dagegen ist ein Wein nur aus roten Rebsorten, aber weiß gepreßt aus den Rebsorten Pinot Noir und Pinot Meunier. Und auch hier bestimmt natürlich der Kellermeister, welche Crus er für seine Cuvée nimmt und welche der beiden roten Rebsorten seinen Wein dominieren soll.


    Wie und Warum trinkt man einen Blanc De Noirs?

    Da ein Blanc de Noirs von Natur aus im allgemeinen kräftiger und damit expressiver als andere Brut Champagne ist, sollte er nicht zu kalt serviert werden. Gremiums-Tip: Im Glas ruhig etwas wärmer werden lassen und dann die roten Früchte und die Rundheit auf sich einwirken lassen. Blanc de Noirs sind nicht unbedingt Champagner, die für den Aperitif kreiert wurden; sie sollten nach einem Blanc de Blancs getrunken werden, vor allem aber zu einem Essen.


    Das Champagne-Gremium sind:

    Oliver Donnecker, Sommelier, Literaturhaus Frankfurt

    Hartmut Schröter, Physiker und  Internist

    Peter Niepagenkemper, Geschäftsführer SWN

    Christian Göldenboog, Autor, u.a. „Champagner", „Das Loch im Walfisch".


    Wie immer wurden vier Champagner degustiert; blind, also in vorher nicht festgelegter Reihenfolge. Es handelte sich dabei jeweils um einen Brut ohne Jahrgang der Häuser DE VENOGE, DUVAL LEROY, POMMERY sowie der Winzergenossenschaft MAILLY GRAND CRU. 


    Ausgewählt wurden diese Weine von Christian Göldenboog, um sich so einen ersten Überblick über die Qualität der Blanc de Noirs'  zu verschaffen; alle anderen Teilnehmer kannten die Namen der Champagner-Marken nicht. 


    Warum nur vier Champagner?

    Jeder Kellermeister in der Champagne kennt die hohen Säuregrade dieses Weines und die damit verbundene Schwierigkeit, mehr als sechs Champagner zu degustieren. Außerdem ist Champagner ein seriöser Wein, der keine schnelle Abwicklung verträgt.


    Das Motto

    Die Verkostung stand unter dem Motto: Auf der Suche nach einem kräftigen Champagner als Begleiter zum Essen.


    Die Gläser

    Das ideale Champagner-Glas ist Bauhaus-einfach, tulpenförmig, nach oben leicht enger werdend, damit sich die Aromen im Glas halten. Verboten sind Sektschalen oder neumodische Schnick-Schnack-Gläser mit dicken goldenen Rändern, wird doch in ersteren der Champagner schnell schal, in den zweiten verliert er auf der Zunge seine Eleganz.


    Das Gremium degustierte an diesem Abend aus einem Weißwein-Glas von Riedel. Jedes Mitglied hatte vier Gläser.


    Die Degustation


    Die ersten beiden Champagner werden blind gegeneinander degustiert:


    Nr. 1:   BRUT VEGETARIAN & VEGAN von CHAMPAGNE DUVAL LEROY (Vertus)

    Nr. 2:   BRUT BLANC DE NOIRS von CHAMPAGNE DE VENOGE  (Epernay)


    Anhaltpunkte für Geschmacksnuancen beim Aussehen, Geruch und Gaumen liefert das Profi- Degustationsset „Ein Leitfaden zur Champagne-Verkostung" des Champagne Gesamtverbandes. 


    Nr. 1: BRUT VEGETARIAN & VEGAN von CHAMPAGNE DUVAL LEROY

    Strohgelbe bis goldene Farbe im Aussehen, in der Nase Duft nach reifen Brioche - ein dominanter Duft, den man gerne aus dem Glas aufnimmt. Im Gaumen kräftig und von bemerkenswerter Fülle, gleichzeitig ist auf der Zunge eine Säure zu verspüren, die man bei der kräftigen Nase nicht unbedingt erwarten würde. Frisch, aber würzig und toastig. „Dies ist der Prototyp eines starken Champagners", sagt ein Gremiums-Mitglied, und die anderen stimmen ihm spontan zu.


    Nr. 2: BRUT BLANC DE NOIRS von CHAMPAGNE DE VENOGE 

    In der Nase schwer zu charakterisieren, eher neutral wirkend, entwickelt dieser Wein im Gaumen zur Überraschung leichte Zitronentöne. Dieser Champagner ist schwer einzuschätzen, ein eher stillerer Typ. „Paßt vielleicht  gut zu Fisch", sagt ein Tester, während die anderen ihre Vorliebe für Nr. 1 nicht verheimlichen können.


    Die Diskussion dieser beiden Champagne war relativ schnell beendet: 

    Nr. 1 wurde praktisch von allen favorisiert, während Nr.2 im Glas schwerwiegende Ermüdungserscheinungen zeigte.


    Es folgten die beiden nächsten Champagner: 


    Nr. 3 GRAND CRU BLANC DE NOIRS VON CHAMPAGNE MAILLY

    Farblich dominiert ein intensives Goldgelb, das schon eher in das rötlich und orangenfarbig hineingeht. Jubel unter den Gremiumsmitglieder: „Jetzt ist endgültig der Winter angebrochen!" Markantes Unterholz in der Nase, im Gaumen  elegant, geschmeidig, rund im Abgang. Vor allem beeindruckte alle die perfekte Abrundung dieses Champagner: Kompliment von allen Gremiumsmitgliedern an den Kellermeister für eine perfekt Arbeit.


    Nr. 4 BLANC DE NOIRS „WINTERTIME" VON CHAMPAGNE POMMERY

    Strohgoldene Farbe, wie der Vorgänger eine wuchtige Nase im Glas. Im Gaumen finden sich feine Erdbeeren, delikate rote Früchte, aber auch an Mandeln erinnernde Bitternoten. Überzeugend eine mineralische Säure, die alle überzeugte: Hier haben wir es mit einem kräftigen Wein zu tun, dessen  Champagnercharakter aber stets zu spüren ist. Bemerkenswert langer Abgang, indem man neben Mandeln auch Pampelmuse schmeckt. „Ein sehr raffinierter Champagner", sagt ein Gremiumsmitglied, und findet dabei nur Zustimmung.


    Fazit

    Anschließend wurde das Geheimnis um die vier Weine und deren Reihenfolge gelüftet: „Drei derartige Champagner bekommt man nicht alle Tage", lautete das Resümee eines Gremiums-Mitgliedes, dem sich alle anschließen. Tatsächlich kann man jedem Weinliebhaber nur empfehlen, diese Degustation mit den Champagnern von Duval-Leroy, Mailly und Pommery zu imitieren. Es ist ganz einfach, man benötigte nur die Weine und einige Gläser. Vor allem wurde schon fast euphorisch gelobt, daß man es hier mit drei völlig unterschiedlichen Typen von Champagner zu tun hatte, und Qualitäten im Glas waren, die von keinem Sekt erreicht werden. Es tauchte die Frage auf, was mit dem Blanc des Noirs von de Venoge war und prompt erwies sich eine Inspektion der Korken als Rätsels Lösung: Während die anderen drei Champagner all einen wohlgeformten Korken hatte, der erkennen ließ, dass die Flaschen erst kürzlich degorgiert wurden, war der Hals des De-Venoge-Korkens völlig geschrumpft: Zeichen dafür, dass dieser Champagner vor sechs oder sieben, wenn nicht gar vor mehr Jahre degorgiert wurde. Es wurde eine zweite Flasche geöffnet, die aber dieselbe Problematik aufwies.



  • DAS GREMIUM FORMIERT SICH - JACQUART, POL ROGER, RUINART, JOSEPH PERRIER

    Keine Frage, Champagner ist ein Begegnungswein: Man trinkt ihn zum ersten Rendezvous, zum Vorspiel mit einer Brünetten, zum offiziellen Empfang, zum Familienfest oder an einem lauen Sommerabend mit Freunden und Bekannten während einer Gartenparty. Champagner ist, was häufig in den protestantischen Teilen Deutschlands vergessen wird, auch ein hervorragender Begleiter zu einem Essen. Vor allem aber ist Champagner ein Wein, der eine Vielzahl eigenständiger Produkte hervorbringt: Ungefähr 10.000 unterschiedliche Champagner gibt es, die darauf warten, seriös degustiert zu werden. Aber von wem?

    Am Abend des 8. Juli 2003 hat sich in Frankfurt am Main das unabhängige Champagne-Gremium für Deutschland, Österreich und die Schweiz gegründet und zum ersten Mal getagt. Ziel ist, sich an die Vielzahl der Champagne-Weine heranzutasten, dabei degustativ über die Weine zu diskutieren, die eigene Bildung sowie andere Aspekte der Fröhlichen Wissenschaft zu vertiefen und interessierten Weinfreunden Empfehlungen auszusprechen.


    Das Champagne-Gremium sind:

    Olliver Donnecker, Sommelier des "Literaturhaus Frankfurt"

    Hartmut Schröter, Physiker und Internist

    Peter Niepagenkemper, Geschäftsführer SWN

    Christian Göldenboog, Autor, u.a. Champagner (1998). 


    Zu Beginn der Sitzung wurde diskutiert, ob Punkte vergeben werden, und ja, nach welchem Schema? Man einigte sich relativ schnell, die Champagner auf ihre charakteristischen Aromen hin zu beschreiben und auch so zu vergleichen, um dann prononcierte Empfehlungen auszusprechen, zu welchen Gelegenheiten man die Weine trinken sollte. Das Punktsystem gaukelt eine Sicherheit vor, die es so nicht gibt: Erstens kann kein Mensch den Unterschied zwischen 16,5 und 17,1 nachvollziehen, zweitens müsste man die Degustation mindestens einmal wiederholen, um die 16,5 bzw. 17,1 zu verifizieren und drittens, und dies ist das Entscheidende, kann der 16,5-Wein perfekt für die erste Verabredung mit der neuen Freundin sein, der 17,1-Wein dagegen leistet eher Hervorragendes als Begleiter zu einer geschmorten Milchlammkeule mit Rosmarinjus. Außerdem ist – wie nun jeder weiß – beim Degustieren die Reihenfolge entscheidend: Wer bei 20 unterschiedlichen Weinen einen Blanc de Noirs auf einen Blanc de Blancs trinkt, wird ersteren ausdrucksstärker einschätzen und demzufolge höher bewerten. Das Gremium wird daher versuchen, nur solche Weine zu vergleichen, die sich tatsächlich miteinander vergleichen lassen wie beispielsweise Brut ohne Jahrgang.

    Vier Champagner wurden während der ersten Sitzung degustiert; blind, also in vorher nicht festgelegter Reihenfolge. Es handelte sich dabei jeweils um den Brut ohne Jahrgang der Häuser POL ROGER, RUINART, JOSEPH PERRIER sowie der Winzergenossenschaft JACQUART. Ausgewählt wurden diese Weine von Christian Göldenboog, um sich so einen ersten Überblick über die Vielfalt der Champagne-Weine zu verschaffen; alle anderen Teilnehmer kannten die Namen der Champagner-Marken nicht.

    Warum Brut ohne Jahrgang?

    Der Brut ohne Jahrgang oder Brut sans année (BSA) ist das Aushängeschild eines jeden Champagne-Produzenten. Ein Haus oder ein Winzer wird grundsätzlich nach diesem BSA beurteilt, dessen Qualität ja Jahr für Jahr gleich sein sollte und dessen charakteristischen Geschmackseigenschaften die individuelle Philosophie des Kellermeisters widerspiegelt.

    Warum nur vier Champagner?

    Jeder Kellermeister in der Champagne kennt die hohen Säuregrade dieses Weines und die damit verbundene Schwierigkeit, mehr als sechs Champagne zu degustieren. Außerdem ist Champagner ein seriöser Wein, der keine schnelle Abwicklung verträgt.

    Das Motto

    Die Verkostung stand unter dem Motto: Man kommt nach einem harten Arbeitstag nach Hause und möchte im Kühlschrank eine gut trinkbare Flasche Champagner vorfinden.

    Die Gläser

    Das ideale Champagner-Glas ist Bauhaus-einfach, tulpenförmig, nach oben leicht enger werdend, damit sich die Aromen im Glas halten. Verboten sind Sektschalen oder neumodische Schnick-Schnack-Gläser mit dicken goldenen Rändern, wird doch in ersteren der Champanger schnell schal, in den zweiten verliert er auf der Zunge seine Eleganz. Das Gremium degustierte an diesem Abend aus einem Burgunder-Glas von Riedel. Jedes Mitglied hatte vier Gläser.

    Zum Nachahm en – Für alle Champagner-Fans und solche, die es noch werden wollen

    Jeder kann sich ein Beispiel an dieser Degustation nehmen und sie auf die eine oder andere Art und Weise spielerisch nachahmen: Es genügen die entsprechenden Gläser – wichtig ist ein dünner Rand -, es sollten für jeden Teilnehmer aber mindestens zwei vorhanden sein; drei oder vier unterschiedliche Flaschen Champagner, dazu eine Einladung an Freunde, so kann in kleinem Kreis – drei bis sechs Personen - in dieser oder ähnlicher Form degustiert werden. Jeder Champagner hat einen eigenständigen Charakter, vermittelt individuelle Gefühle und Empfindungen, die es zu entdecken gilt – und ob aus einem flüchtigen Flirt eine tiefe Leidenschaft wird, bleibt letztlich eine persönliche Entscheidung. Die wir vom Gremium allerdings ein wenig beeinflussen wollen.

    Die Degustation


    BRUT MOSAIQUE CHAMPAGNE JACQUART

    CUVÉE BRUT ROYALE CHAMPAGNE JOSEPH PERRIER

    BRUT WHITE FOIL CHAMPAGNE POL ROGER

    „R" DE RUINART BRUT von CHAMPAGNE RUINART

    Nr. 1 BRUT MOSAIQUE von CHAMPAGNE JACQUART (Reims)


    Farbe strohgelb, in der Nase kräftig, lässt eine Robustheit und Stärke erahnen, mit der man Leoparden bändigen könnte; Duft von Eingemachtem und Unterholz. Im Gaumen setzt sich der kraft- und herzhafte Eindruck fort: Brioche, reife Nüssen, eingelegte Früchte.


    Nr. 2 BRUT WHITE FOIL von CHAMPAGNE POL ROGER (Epernay)

    Farbe geht etwas ins Rötliche hinein; in der Nase zurückhaltend, sehr dezente rote Früchte. Im Gaumen cremig, Anflüge von roten Früchten, Erdbeeren und Himbeeren, eine leichte Süße ist zu finden. – "Das ist der Pinot Meunier", schlussfolgert ein Tester.

    Die Diskussion dieser beiden Champagne dauerte eine Dreiviertelstunde: Während ein Tester die den Brut Mosaique als „plump“, gar als „Bauernchampagner“ charakterisiert, sprechen anderere von einem „Feuerwerk“ sowie einem Champagner, der „sowohl ein idealer Aperetif als auch ein Begleiter zum Essen ist“; ein Allrounder also. Letztlich ein dickes Kompliment an den Kellermeister, der einen solche aussagekräftige Cuvée Jahr für Jahr herstellen kann. „Eine Champagner, der stets im Kühlschrank lagern sollte. Ein Glas als Aperitif, zwei zum Essen, gleichgültig ob Lammkottelett oder Rinderlende“, erklärte ein Gremiumsmitglied. Uneinigkeitkeit bei der Frage, welcher der beiden Weine beim Konsumenten eher mit „Champagner“ assoziert werden würde: Während einerseits die kräftige Nase von Jacquart als „champagnetypisch“ charakterisiert wurde (Brioche), favorisieren andere die schlanke, neutrale Linie von Pol Roger. Über ihn wird gesagt: „Der richtige Champagner für einen Stehempfang, mit dem stylisch people vom Typ Mager in schwarzen Anzügen und mit schwarzen Hornbrillen herumstehen.“ Auffallend allerdings, daß beim Wärmerwerden im Glas der Brut von Jacquart seine markanten, fülligen Konturen behält, während der Brut von Pol Roger eine süßkandierten Gaumennote annimmt, den ein Tester mit den Worten kommentiert: „Paßt zu einem Dessert.“ Ein anderer gab zu bedenken, daß hier der Kellermeister möglicherweise einen schlechten Tag hatte.


    Es folgen die beiden nächsten Weine:

    Nr. 3  CUVÉE BRUT ROYALE von CHAMPAGNE JOSEPH PERRIER (Chalon en Champagne)


    Erinnert von der Farbe an Nr. 1. „Seifig“, störte sich ein Tester an der Nase, während andere „Weißdorn“ schnupperten. Im Gaumen dominierten – außer für den Seifenspezialisten – weiße und gelbe Früchte, mit Anklang von Mirabellen. „Trinkfreudig“, ruft ein Tester erfreut aus und gießt sich noch einen Schluck nach


    Nr. 4 „R“ DE RUINART BRUT von CHAMPAGNE RUINART (Reims)

    Von der Farbe der hellste Wein, eher blass-golden. Der Geruch wurde mit reifer Burgunder-Chardonnay-Nase umschrieben. Im Mund bemerkenswert klar strukturiert, von einer eleganten Fülle, wobei die Ansichten auseinandergehen, ob hier der Chardonnay oder doch die Kraft des Pinot dominiert.

    Nach dem sehr ausfürlichen Vergleich von Nr. 1 und Nr. 2 erforderte die zweite Runde höchste Konzentration. Diese wird allerdings gefördert durch die ausgewogene Frische von Champagne Joseph Perrier, der sich als idealer Aperetif von selber preist. „Die Überraschung: Ein Champagner, der stets gute Laune erzeugen sollte“, erklärte ein Tester über die Cuvée Brut Royale. Der „R“ de Ruinart Brut dagegen erstaunt durch seine aromatische Fülle und Kraft: „Ein Champagner für den Kenner und für ein festliches Essen.“

    Nach so viel Säure, Fülle und Diskussion wuchst bei den Testern der Appetit: Nach einem Amuse geule vom getrüffelten Rührei gab es eine Schweinelende mit grünen Bohnen auf pürée de pommes de terre. Beim erneuten Degustieren der Champagner beim Essen werden die – einmal individuell getroffenen - Urteile bestätigt. Der Brut Mosaique sowie der „R“ de Ruinart harmonieren hervorragend mit den Speisen.

    Anschließend wurde das Geheimnis um die vier Weine und deren Reihenfolge gelüftet; an den wohlgeformten Korken ließ sich erkennen, daß alle Flaschen erst kürzlich degorgiert wurden. Bemerkenswert, wie individuell die vier Weine daherkamen – ein ideales Degustationsquartett, das von interessierten Champagne-Freunden nachgespielt werden kann; die Weine waren derart individuell, daß man ihnen bis zum letzten Tropfen sehr viel Aufmerksamkeit schenken mußte. Es wurde daher beschlossen, den vierten Champager (Ruinart) nochmals in einer künftigen Sitzung zu degustieren.


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